Inszenierung und Formulierung von Öffentlichkeit
und öffentlichen Räumen
Pamphlet #15, nach dem debatten_gelage am 28.7.2003
Gast: Wolfgang Czisch, Münchner Forum
 

 

+++ Repertoire und Effekt als Kriterien für die Inszenierung öffentlicher Räume +++ Inszenierung betrifft sowohl den Raum als auch seine Bespielung +++ öffentlicher Raum braucht eine stadträumlich-architektonische Formulierung +++ öffentlicher Raum als Widerspruch und Reibungspunkt +++

 

Rückblick:
Der Unterschied zwischen Inszenierung und Manipulation

Zu Beginn dieser Sitzung erinnert urbanautin FÖRSTER an die Diskussion vom letzten Mal, bei dem es um Inszenierungen ging. Zu Gast war damals Steffi (Theaterwissenschaftlerin). Die Thesen wurden im Pamphlet 13 formuliert. Eine Hauptthese war dabei: Alles ist immer und überall inszeniert. FÖRSTER unterscheidet dabei zwischen Inszenierung und Manipulation. Inszenierung bedeutet demnach eine „bewusste Aktion“, bei Manipulation kommt noch das Berechnende, Beeinflussende dazu.

Inszenierung hat auch mit Macht zu tun, kann aber auch den viel zitierten „sozialen Kitt“ darstellen.

 

Das Wichtige ist der Effekt!

Aufgabe der Inszenierung ist es, Spontaneität möglich zu machen. FÖRSTER 2003 bringt es auf den Punkt mit dem Satz: „Cool ist es, wenn’s spontan passiert“.

Am Ende sei der Effekt wichtig, der sich über den bloßen Inhalt hinaus ergebe. Das Ereignis als solches ist nichts wert. Attribute wie gute, oder schlechte Qualität bzw. ein schönes oder hässliches Ereignis sind als Folge dessen egal, denn es kommt auf die Geschichten, Ideen, Motivationen an, die sich aus/in einer Inszenierung ergeben.

 

Die heutige Debatte:
Von der baulichen Inszenierung zu temporären Formen, Öffentlichkeit herzustellen

Wolfgang CZISCH beginnt die heutige Debatte mit der These: Das Repertoire der Inszenierung spiele eine große Rolle. Im 19. Jahrhundert sei, was das Bauliche betrifft, eine klare „öffentliche Sprache“ existent , die auch Bildung transportierte. Die heutige, neue Sprache muss demnach erst erlernt werden, weshalb zur Zeit eine allgemeine Verwirrung um das Thema Öffentlicher Raum herrscht. SCHRÖPPEL stellt an dieser Stelle die Verbindung zum Pamphlet No. 13 her, indem sie sinngemäß sagt, die Lösung für das von CZISCH vorgetragene Problem sei die Inszenierung; der schon existente gebaute öffentliche Raum werde neu interpretiert. Auch DAVID hebt hervor, angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich die Öffentlichkeit aufsplittert, fragmentiert, beschleunigt, virtualisiert (...), sei die gebaute Stadt zu langsam, um darauf zu reagieren. CZISCH stellt daraufhin den öffentlichen Raum als Versuch dar, die „auseinanderdriftende“ Gesellschaft wieder zu zentralisieren.

Die Gegenüberstellung von baulicher oder temporären Maßnahmen hält FÖRSTER für überflüssig. Wichtig sei lediglich, „Geschichte zu erzeugen“ (s.a. Pamphlet 13).

 

Bauen mit gesellschaftlicher Zweckbestimmung heute

HARTARD warnt davor, die Propagierung von temporären Inszenierungen dürfe nicht zu einem „Container-Denken“ führen. Zusammen mit CZISCH führt er an: „Der Raum, in dem alles möglich ist, macht keinen Sinn. Es fehlt die Formulierung.“ 

Es werden Beispiele genannt, mit denen auch in Moderne und Postmoderne noch Einfluss auf Gesellschaft genommen wurden (Olympiastadt München mit dem Idealbild einer echt „sozialen“ Stadt, Einkaufszentren mit bewusst eingesetzten ausgrenzenden oder „verkaufsfördernden“ Architekturen) KLAMT spricht in diesem Zusammenhang von „versteckten Strukturen“.

 

Öffentlicher Raum als Widerspruch und Reibungspunkt

HARTARD stellt die These auf, Öffentlicher Raum müsse gegen den Zeitgeist formuliert werden. Auch andere Diskussionsteilnehmer wenden sich gegen den „stromlinienförmigen“ Öffentlichen Raum, der in der Gesellschaft gewissermaßen mitschwimmt, sondern plädieren für Räume, in und an denen Widerspruch, Reibung und Interaktion stattfindet.

Stefan Zöller